Fortunat. Teil II by Otto Flake
Autor:Otto Flake [Flake, Otto]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105603888
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-06-04T16:00:00+00:00
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Das Herrenhaus von Branitz war nicht groß. Von Semper im Zopfstil restauriert, ließ es von außen nicht ahnen, wie farbig und romantisch es im Innern sei. Afrika lieferte Löwenfelle und Straußfedern, Venedig Gläser, China Porzellan, der Orient Teppiche, die Gotik Truhen und Scheiben, durch die das Licht gebrochen fiel. Mit allen ihren Bronzen, Sätteln, Waffen, Flinten waren die Räume ein Museum und doch nicht überladen; man spürte, sie wurden bewohnt.
Jacques ritt jeden Morgen, zuerst mit dem Fürsten allein. Dann, als die drei Herren vom österreichischen Generalstab kamen, war man zu viert oder fünft. Zuletzt durch die Großnichte und ihren Mann vermehrt, trat eine Kavalkade auf, sie setzte über Wasserläufe und Wiesen.
Die Österreicher schienen von dem Feldzug mit Preußen nicht entzückt und darüber, daß sie wieder unter sich waren, befriedigt zu sein. Das Preußentum des Fürsten störte nicht. In Wien fühlte er sich ebenso wie in Berlin daheim. In Wien war er sogar einmal katholisch geworden, dem Geist des Ortes untertan. Die Herren wußten zu berichten, daß die beiden Regierungen gemeinsam über die Zukunft der eroberten Herzogtümer verhandelten und Österreich bereit war, sie Preußen zu überlassen, wenn es die Grafschaft Glatz, die Friedrich der Große sich genommen hatte, zurückerhielt. Darauf ging Preußen kaum ein, Schleswig und Holstein würden nun wohl unter ein Kondominium kommen. Ein Kind erkannte, daß das kein Zustand von Dauer war.
Optimistisch wie Wanda, schüttelte der Fürst die düsteren Ahnungen ab. Da die Österreicher und Jacques am gleichen Tag Branitz verließen, gab er ihnen am Vorabend das Abschiedsmahl. Der Sekretär schrieb die Speisekarte siebenfach.
Sie fing mit Krebssuppe, türkischen Pastetchen, Rheinlachs an, ging zu Hamburger Keule und getrüffelter Pute über, endete mit Spargeln, Salat, Pudding royal und einer Käseplatte, die Chester, Stilting, Roquefort, Strachino bot. Früchte, Eis und Nachtisch verstanden sich von selbst, die Jahrgänge der Weine waren alt. Die Burschen der Österreicher regten die Hände in der Küche unter der Leitung der wendischen Frauen, den Oberbefehl führte der französische Koch.
Während des Kaffees brachte ein vom Sekretär geschickter Diener auf einem Tablett eine Zeitung, worin eine Stelle rot angestrichen war. Der Fürst las und sagte bestürzt zu Jacques:
»Wir sprachen von Lassalle – hier das Neuste von ihm, und es hat allen Anschein, als ob es das Letzte sei.«
Jacques überflog die Nachricht. Lassalle hatte sich in Genf mit einem rumänischen Studenten duelliert und eine tödliche Wunde empfangen, Billroth war aus Zürich und Chelius aus Heidelberg gekommen, aber sie gaben keine Hoffnung mehr. Jacques vermutete einen politischen Zusammenstoß.
»Mit einem Rumänen?« fragte zweifelnd der Fürst. »Wie sagt man bei Ihnen? Cherchez la femme!«
Nach dem Kaffee spielten die österreichischen Herren Billard. Pückler zog einen Mantel an und machte mit Jacques noch ein paar Schritte vor dem Haus. Es war ein warmer Abend, gleichwohl stiegen Ende August schon die ersten Dünste aus den Wiesen auf.
»Acht Tage sind zu wenig. Sie hätten länger bleiben sollen«, sagte der Fürst.
»An Berlin muß ich mindestens vier wenden, an Schwerin ebensoviel, bedenken Sie dazu die weite Reise …«
»Ich habe den Eindruck, daß Sie gefaßter und ausgeglichener sind?«
»In der Tat, ich denke bereits wieder an meine Angelegenheiten.
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